Durch den „Käptn Blaubär“ hat Walter Moers bei mir auf ewig einen Stein im Brett. Den Freunden zotigen Humors wird er durch „Das kleine Arschloch“ oder den „Adolf – ich hock in meinem Bonker“- Song vielleicht ebenfalls ein Begriff sein.
Seit 1999 ist er mit dem internationalen Bestseller „Die 13 ½ Leben des Käptn Blaubär“ belletristisch vertreten, davor schrieb er Comicbücher und Kindergeschichten.
Die „Zamonien“- Reihe, die ihren Anfang mit dem erwähnten Titel nimmt, hat für mich in „Die Stadt der träumenden Bücher“ ihren bisherigen Höhepunkt gefunden. Moers präsentiert sich, wie schon in „Ensel und Krete“, als deutscher Übersetzer der Erinnerungen des berühmtesten Dichters des Fantasiereiches Zamonien.
Hildegunst von Mythenmetz, ein junger Lindwurm von der Dichterfeste, auf der die Lindwürmer wohnen und von sogenannten Dichtpaten zu berühmten Dichtern geschult werden sollen, erbt ein Manuskript, dessen Inhalt ihn sprachlos macht. Hier ist vertreten, was er sich mit aller Macht wünscht, schreiben zu können: Die perfekte Geschichte. Sein Pate trägt ihm sterbend auf, sich nach Buchhain aufzumachen, um den Verfasser des Gedichtes ausfindig zu machen. Das ist Hildegunsts einzige Chance, irgendwann einmal am Orm, der Quelle aller guten Dichtkunst, teilhaben zu können.
Das Buch entführt einen in eine Welt, in der Bücher mehr sind als nur Unterhaltung. Sie sind lebendig, sie können gefährlich und unberechenbar sein. Dabei liegt Moers Fokus auf der Erschaffung von Buchhain selbst, einer riesigen Stadt mit unterirdischen Katakomben und verschiedenen Fraktionen, deren Leben sich um den Fakt herum entwickelt hat, dass Bücher einen ähnlichen Stellenwert wie Öl oder Gold besitzen: Je tiefer ein Unerschrockener in die Tiefen der Buchhain-Höhlen vordringt, desto wahrscheinlicher ist es, dass er ein wirklich wertvolles Buch findet.
Neben der Abenteuergeschichte des jungen Lindwurm-Dichters wird also Wert auf die realistische Kreation einer Fantasiewelt gelegt. Dabei finden sich genug Handlungssprünge und Schock-Erlebnisse im Buch, um das nicht zu einer Fingerübung verkommen zu lassen. Moers lässt den Kitsch und den Gutmenschen-Schwachsinn der meisten anderen Fantasiebücher weg – sein Zamonien ist bis in den letzten Winkel realistisch und gleichzeitig voller Magie. Die zahllosen Referenzen auf das Lesen, Gedanken über die Literatur und vor allem die „Buchlinge“ (nein, das erkläre ich nicht – selber lesen!) machen das Werk sowieso zu einem Muss für jeden Bücherwurm.
Wie so ziemlich jeder erfolgreiche Autor musste auch Moers die Umwandlung seiner aufwändig gestalteten Schwarten in Hörbücher und Taschenbuchausgaben ertragen. Den Preis für die Hardcover-Ausgabe von „Die Stadt der träumenden Bücher“ lohnt sich trotzdem, ich habe selten so schöne Zeichnungen gesehen.
Ariane
9. Juli 2008 at 17:43
Das stimmt, es ist ein wunderschönes Buch!
Der Preis für das Hörbuch lohnt sich ausnahmsweise auch mal, ich habe jedenfalls selten so gelacht- als Einschlafhilfe (wozu Hörbücher bei mir degradiert werden) sind die Moers-Hörbücher allesamt nicht geeignet :-D, besonders „Ensel und Krete“ haben bei mir für brachiale Lachkrämpfe gesorgt.