Wer ein Buch sucht, bei dem das Thema Vampir mal ohne die üblichen Klischees angepackt wird, dem empfehle ich Dan Simmons‘ „Kinder der Nacht“. Hier laufen keine blutsaugenden Monster in halb-romantisch-verklärten Posen durch die Nacht und sie sind auch keine Menschen zefetzenden Bestien. Nein, Simmons geht das Thema von einer wissenschaftlichen Seite aus an und verpackt dies in einen spannenden Mystery-Krimi.
Kurz nach dem Zusammenbruch des Sozialismus ist die Ärztin Kate Neumann in Rumänien unterwegs um dort Kindern in einem Waisenhaus zu helfen. Hier sterben die Kinder aus Mangel an den nötigen Hilfsmitteln oder einfach, weil sich niemand so richtig für sie interessiert. Hier begegnet ihr der kleine ausgemergelte Joshua, der zu ebenfalls zu sterben droht, wenn er keine entsprechende Hilfe bekommt. Doch die Hilfe, die das Kind, dessen Vergangenheit niemand kennt, braucht ist außergewöhnlich: Er kommt nur zu Kräften, wenn man ihm Blut injiziert.
Kate adoptiert Joshua und nimmt ihn mit in die USA. Hier stellt sie fest, dass der Junge eine Art Schattenorgan im Magenbereich hat, das dafür verantwortlich ist, dass das Kind fremdes Blut braucht. Es gelingt Kate einen Ersatzstoff herzustellen und sie ist durch Joshua noch etwas anderem auf der Spur: einem Heilmittel gegen AIDS und Krebs.
Doch noch bevor sie weiterforschen kann, wird in Kates Haus eingebrochen, ihr Ex-Mann und ihre Freundin ermordet und Joshua entführt. Welches Geheimnis umgibt diesen Jungen? Sie nimmt die Verfolgung auf und die Spur führt zurück nach Rumänien…
„Kinder der Nacht“ ist wirklich spannend bis zum Ende, auch wenn dieses, für meinen Geschmack, ein bisschen zu sehr an Hollywood erinnert.
In Sachen Recherche hat der Autor gute Arbeit geleistet, so dass man ganz nebenbei auch noch einiges über Rumänien erfährt.
Natürlich kommt auch dieses Buch nicht am Mythos Dracula dran vorbei. Aber Simmons hat diesen so gut in seine Geschichte verwoben, dass man ein ganz neues Bild von Vampiren und deren historischer Position bekommt.
Manche Leute werden sich vielleicht an den medizinischen Ausdrücken stören, von denen es doch schon ein paar gibt. Aber ich finde, dass sie irgendwie zur Atmosphäre passen.
Dieses Buch ist sicherlich nicht das Beste von Simmons, aber mit Sicherheit auf dem Gebiet der Vampir-Literatur ein kleiner Meilenstein.