Das Recht auf Akteneinsicht zählt zu den grundlegenden Verfahrensrechten im Strafprozess. Aus der Ermittlungsakte erfährt der Beschuldigte, was ihm überhaupt zur Last gelegt wird. Dieses Recht ist im § 147 der Strafprozessordnung verankert. Es gilt für den Beschuldigten und den Geschädigten sowie für deren jeweiligen Verteidiger. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Funktion die Akteneinsicht hat und was dabei zu beachten ist.
Funktion des Rechtes auf Akteneinsicht
Für ein faires Strafverfahren ist das Recht auf Akteneinsicht von fundamentaler Bedeutung. Denn dadurch kann sich der Beschuldigte bzw. sein Verteidiger über den Stand der Ermittlungsbehörden, Beweise oder Indizien informieren. Die Akteneinsicht ermöglicht es dem Rechtsanwalt, eine optimale Verteidigungsstrategie zu entwickeln. Mit den Informationen kann die Verteidigung sich auf die Fragen durch den Richter sowie die Staatsanwaltschaft vorbereiten und die passenden Argumente zu Gunsten des Beschuldigten finden bzw. absichern.
Umfang der Akteneinsicht
Das Recht auf Akteneinsicht bezieht sich auf sämtliche Bestandteile der Akte. Hierzu gehören Protokolle, Vermerke, Auszüge aus dem Bundeszentralregister, Berichte, Gutachten, Video- und Tonaufnahmen sowie Computerdateien.
Wer hat das Recht auf Akteneinsicht?
- Beauftragter Rechtsanwalt
Sowohl selbst gewählte Verteidiger als auch Pflichtverteidiger haben das Recht auf Akteneinsicht im Strafverfahren. Es ist grundsätzlich empfehlenswert, sich als Beschuldigter vor Gericht von einem Verteidiger unterstützen zu lassen. Denn Strafrechtsverfahren können mit erheblichen Hauptstrafen (Geld- oder Freiheitsstrafe) enden.
- Beschuldigter
Ein Beschuldigter, der nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, kann ebenfalls Akteneinsicht verlangen. Dies ist jedoch ausschließlich vor Ort bei der zuständigen Behörde möglich. Dagegen darf sich der Rechtsanwalt das Aktenmaterial zusenden lassen.
- Geschädigter und dessen Rechtsanwalt
Auch der Geschädigte ist im Strafverfahren berechtigt, Akteneinsicht zu verlangen. Dies ist bedeutend im Hinblick auf ein späteres zivilrechtliches Verfahren. Denn aus der Akte können sich Hinweise auf mögliche Ansprüche als Geschädigter ergeben. Der Rechtsanwalt des Geschädigten kann ebenfalls Akteneinsicht nehmen.
Möglicher Zeitpunkt für den Antrag auf Akteneinsicht
Als umfassendes Verfahrensrecht ist das Recht auf Akteneinsicht in jedem Verfahrensabschnitt möglich. Nach strategischen Gesichtspunkten ist ein früher Zeitpunkt für die Akteneinsicht zu empfehlen. Das Recht bleibt aber bestehen und gilt auch über den Abschluss des Strafverfahrens hinaus.
Vorgehensweise bei der Akteneinsicht
Falls der Beschuldigte ohne Rechtsanwalt den Antrag auf Akteneinsicht stellt, ist die Vereinbarung eines Termin bei der zuständigen Behörde für die Einsichtnahme erforderlich. Dabei ist ein einfacher, aber möglichst klar formulierter Brief ausreichend. Die zuständige Stelle ist entweder die Staatsanwaltschaft oder das Gericht.
Zeitraum der Einsichtnahme
Wird der Antrag auf Akteneinsicht gewährt, dann darf der Beschuldigte bzw. sein Verteidiger in der Regel für einen Zeitraum von drei Tagen Einsicht nehmen. Die zuständige Stelle übermittelt die Akte dem Büro des Rechtsanwalts. Dort können die Dokumente ohne Aufsicht gelesen werden. Der Verteidiger darf außerdem Kopien für seinen Mandanten anfertigen.
Gebühren für die Akteneinsicht
Zwar nimmt der Beschuldigte mit dem Antrag auf Akteneinsicht ein elementares Recht in Anspruch. Gleichwohl werden dabei Gebühren fällig. Die Höhe der Kosten hängt von der Anzahl der erforderlichen Kopien und der Art der Übermittlung ab.
Möglichkeit der Ablehnung
Die Möglichkeit, dass der Antrag auf Akteneinsicht verweigert wird, ist grundsätzlich gegeben, wenn dafür hinreichende Gründe vorliegen. Auch eine differenzierte Entscheidung ist möglich. Dann dürfen nur einzelne Elemente eingesehen werden, während andere Bestandteile aus der Akte entfernt werden. Wenn die Akteneinsicht nicht gewährt wird, stehen dem Beschuldigten Rechtsbehelfe zur Verfügung. Spätestens dann ist die Beratung durch einen Rechtsanwalt unbedingt zu empfehlen.
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