Lohnsklaverei scheint heute aktueller denn je. Wir können bei Zara, Zalando, Kik und Co. T-shirts und andere Kleidungsartikel zu unglaublich günstigen Preisen erwerben. Der zynische Konsument schiebt diese Preise auf die Ausbeutung der Arbeiter und Arbeiterinnen in ärmeren Ländern. Doch kann man das so pauschalisieren?
Auf der Suche nach der Wahrheit stößt man auf viele verschiedene Menschen, die am Aufstieg und Erhalt der großen Modekonzerne mitwirken. Während Geisteswissenschaftler versuchen, die Welt durch geographische, wirtschaftliche, historische, sprachliche und kulturelle Aspekte greifbar zu machen, gibt es in der textilen Variante zwei klare Teile. Die eine Hälfte produziert, die andere kauft.
Die Chance der Unabhängigkeit
Es ist kein Geheimnis, dass C&A, Adidas, Gap und weitere ihre Produkte vor allem in Kambodscha, Indien, Bangladesch, Pakistan und anderen Billiglohnländern produzieren lassen. In der Vergangenheit wurden vor allem die Arbeitsbedingungen der Menschen an den Pranger gestellt, seit dem hat sich viel geändert.
Einige große Firmen, darunter Nike, Walmart, H&M und die Otto Group, schlossen sich im Jahre 2012 zur sogenannten „Sustainable Apparel Coalition“ zusammen, um gemeinsam mit Farbherstellern, NGO’s und auch Vorlieferanten zu ergründen, wie viel Energie und Wasser verbraucht wird, welche Chemikalien benutzt werden und auch die soziale Komponente wird berücksichtigt. Die Datensammlung soll einen gemeinsamen Standard schaffen, um die Umweltfreundlichkeit und die Sozialverträglichkeit langfristig zu verbessern.
Die Standpunkte der Textilbranche sind auch kein Geheimnis. Die Pressesprecher der Industrie lassen gerne verlauten, dass die Nähwerkstätten auch den Menschen vor Ort, die ohne die Textilfabrik überhaupt keine Arbeit hätten, helfen. Und dass das einzelne Kleidungsstück für den globalen Markt produziert wird und deshalb so unschlagbar günstig ist. Zusätzlich verkünden die Unternehmen, dass sie gute Vorsätze für die Zukunft haben.
Es ist einfach, die Arbeitsbedingungen zu verbessern
Die Firmen rühmen sich mit Fair Trade und Bio Siegeln, H&M setzt sich für Mindestlöhne in Bangladesch ein. Auf der Hompepage einschlägiger Unternehmen kann man die Erfolge in sozialer und auch aus umwelttechnischer Sicht nachlesen. Doch sind es eher Kleinigkeiten, die dort groß beschrieben werden, ein Anfang ist allerdings gemacht, könnte man argumentieren. Doch können wir diesen Meldungen überhaupt glauben schenken?
Das kann man grundsätzlich tun, wenn man die anderen 90% der Geschichte nicht ausblendet. Erst kürzlich ist in Pakistan eine Fabrik abgebrannt, die eher ein Gefängnis denn eine Produktionsstätte war, unter anderem wurde dort für KIK produziert. Es erstickten mehr als 250 Menschen.
Auch in Bangladesch ist ein Euro pro Tag zum Überleben ein absolut ärmlicher Lohn, der Frauen trotzdem zwingt, zu fünft in einem Zimmer zu schlafen. Von Freizeit fehlt jede Spur, zehn bis zwölf Stunden Arbeit, sieben Tage die Woche, das ist Alltag für eine Näherin aus Bangladesch. Die Zeit wird genutzt, denn es gilt ein Pensum zu bewältigen. In Usbekistan gibt es auf den Baumwollfeldern Kinderarbeit, H&M hat sogar zugegeben, davon zu wissen. Jetzt wird jede kleine Veränderung gefeiert. Aber es ist einfach, Arbeitsbedingungen zu verbessern, die sich einfach nicht mehr verschlechtern können.
Die große Kraft der Masse
Doch hinter den Mechanismen dieser Erde steckt weder ein alter Mr. Burns noch ein einziger Zigarre rauchender Kapitalist, wir alle sind es, die den Kleidermarkt so gestalten, wie er ist. Wenn wir weiterhin bei den großen Ketten kaufen möchten, sollten wir dafür sorgen, dass alle davon gut leben können. Wir sollten demonstrieren, boykottieren, wütend werden und viel darüber berichten, was Menschen an der Industrie kaputt macht. Damit nicht erst wieder 250 Menschen verbrennen müssen, um Aufmerksamkeit für ein Tabuthema zu erzeugen.