Kristof Magnusson: Das war ich nicht

Die Geschichte von „Das war ich nicht“ klingt zunächst wie ein schlechter Witz. Treffen sich ein Banker, eine Übersetzerin und ein alternder Schriftsteller in Chicago.

In „Das war ich nicht“ erzählt Kristof Magnusson die Geschichte von drei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch miteinander verbunden sind. Mit einem immer wieder wechselnden Ich-Erzähler, entfaltet er eine raffinierte, schnelle und für den Leser glaubhafte Geschichte, aus der Perspektive der drei Hauptfiguren. Eindrucksvoll verknüpft er auch ganz nebenbei und mit Leichtigkeit die Finanzkrise mit den Charakteren, die ironischer Weise, als Magnusson an dem Buch schrieb, noch gar nicht ihre  zerstörerische Kraft entfaltet hatte.

Das war ich nicht – Wirtschaftskrimi meets Komödie

Meike, eine junge deutsche Übersetzerin aus Hamburg, hat die Notbremse gezogen. Sie hat sich von ihrem Freund getrennt und ist von Hamburg aufs Land gezogen. Dort wartet sie darauf, dass Henry LaMarck, ein berühmter amerikanischer Schriftsteller, seinen großangekündigten Roman zu Ende bringt, denn sonst ist sie pleite. Henry LaMarck hat mit dem Schreiben aber noch gar nicht angefangen, da er eine Schreibblockade, eine Schaffenskrise hat.

Dann wäre da noch Jasper, der den Aufstieg vom Mathematikstudenten aus Bochum bis in den Händlersaal einer renommierten Chicagoer Bank geschafft hat. Jasper, der ziemlich vereinsamt ist („Frau. Kind. Später. Ich war erst 31.“), ernährt sich von einer 40er Packung Snickers in seinem Schreibtisch, während er 15 Stunden am Tag arbeitet. Als LaMarcks Verlag eine Überraschungsparty zu seinem 60. Geburtstag schmeißt, taucht dieser ab. Auf der anderen Seite der Welt macht sich Meike auf den Weg nach Chicago, um LaMarcks Manuskript persönlich abzuholen, wo sie Jasper in einem Coffee-Shop kennenlernt.

Alles ist verbunden und niemand ist perfekt

Geschickt, durch die perspektivischen Wechsel in der Erzählform (Meike, Jasper und Henry), rollt Magnusson die Abhängigkeiten der drei Hauptfiguren von hinten auf. Henry, der schwul ist, und ein Foto von Jasper in der Zeitung gesehen hat, ist hinter Jasper her, da er sich zum einen zu ihm hingezogen fühlt und ihn zum anderen als Quelle der Inspiration sieht. Währenddessen sucht Meike nach Henry, da Henry bzw. sein neues Werk ihre Existenzgrundlage ist. Und Jasper, der sich in Meike verliebt hat, ist hinter Meike her. Als sich dann auch noch rausstellt, dass Henry ein Konto bei Jaspers Bank hat und Jasper, weil er den Fehler eines Kollegen ausbügeln will, anfängt mit Derivaten zu handeln, wobei auf die Wertentwicklung von instabilen Immobilienfonds spekuliert wird und durch einen kleinen Fehler das ganze System ins Wanken gerät, werden die Abhängigkeiten schon deutlicher und der Spannungsbogen spitzt sich zu.

Schnörkellos – mit keinem Gramm zu viel

Kristof Magnusson fesselt mit einer schnörkellosen und doch raffinierten Sprache die Leser an seine Charaktere, die ins Strudeln und Stolpern geraten, nur um sich am Ende wieder zu fangen. Um die Charaktere herum hat er eine intelligente Story konstruiert und sie überaus spannend, aus der Sicht der Charaktere, erzählt. Zwar kommt es durch das Wechseln der Perspektive manchmal zu Überschneidungen, doch es scheint an keiner Stelle überflüssig, sondern der Geschichte dienlich, indem es die persönlichen Sichtweisen der Figuren unterstreicht. Der Roman, „Das war ich nicht“, sprintet auf 288 kurzweiligen Seiten, als Wirtschaftskrimi und Komödie getarnt, auf sein Ende zu.

Kristof Magnusson (2010): Das war ich nicht. Kunstmann, München.

Im August 2011 ist es im Goldmann Verlag als Taschenbuch erschienen.

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