Nach dem Erfolgsroman „Middlesex“ meldet sich Jeffrey Eugenides mit „Die Liebeshandlung“ zurück.
Der neue Roman des spätestens seit „Middlesex“ bekannten Autors, Jeffrey Eugenides, wurde lange erwartet. Einige Leser sind enttäuscht, aber man darf bei diesem neuen Roman, auch wenn er daran sieben Jahre gearbeitet hat, nicht so ein Mammut-Werk, wie „Middlesex“, erwarten. „Die Liebeshandlung“, die zwischen den Jahren 1982-83 spielt, ist die Dreiecks-Beziehungs-Geschichte zwischen den jungen Akademikern Madeleine, Mitchell und Leonard. Sie ist eine Auseinandersetzung mit dem klassischen viktorianischen Liebesroman, aber gleichzeitig auch der Versuch, eine viktorianische Liebeshandlung à la Jane Austen, ins 20 Jahrhundert zu übertragen.
„Die Liebeshandlung“ – Der dritte Roman von Jeffrey Eugenides
Jeffrey Eugenides, der 1960 geborene Schriftsteller, stammt aus Detroit. Ihm gelang der Durchbruch mit dem Roman „Die Selbstmord-Schwestern“. Weltweite Anerkennung bekam er allerdings erst für „Middlesex“. In „Middlesex“, wofür ihm auch der Pulitzer Preis verliehen wurde, hat Eugenides die Einwanderungsgeschichte einer griechischen Familie in die USA, mit der eindrucksvollen Gender Story eines Hermaphroditen, verbunden. Nun ist nach sieben Jahren Stille endlich der langersehnte dritte Roman veröffentlicht worden, „Die Liebeshandlung.“
„The Marriage Plot“ – Übersetzungsschwierigkeiten beim Titel
Im Original heißt „Die Liebeshandlung“ „The Marriage Plot“. Der deutsche Titel passt einerseits sehr gut, da die drei Hauptfiguren, aus deren Perspektive jeweils erzählt wird, die Liebe in allen ihren Spielarten durchleben. Andererseits meint der englische Titel, „marriage plot“, das was Jane Austen, George Eliot, die Schwestern Brontë oder ihnen nachfolgenden Autoren beschreiben, die Suche der Frau nach dem richtigen Ehemann, die schließlich in der Ehe mündet. Diese Entwicklung der Geschichte entschied damals mit der Ehe die Stellung der Frau. Eugenides schaut hier noch bei Autoren wie Henry James ab, die den „marriage plot“ noch ausweiten, nämlich auf die Zeit nach der Ehe.
Die Figuren – Madeleine, Leonard und Mitchell
Eugenides stellt Madeleine, eine Tochter aus gutem Haus, ins Zentrum der Geschichte. Madeleine studiert an der Eliteuniversität „Brown“ und schreibt ihre Abschlussarbeit über genau diesen viktorianischen „marriage plot.“ Während sie versucht die viktorianische Liebeshandlung zu dekonstruieren, verliebt sie sich gleichzeitig in Leonard. Leonard, der eigentlich Biologiestudent ist, lernt sie im Semiotikseminar kennen. Er ist charismatisch, kaut Tabak und ist ausgesprochen intelligent. Er fasziniert als Womanizer ist aber manisch-depressiv (Die Schilderungen der manischen Phasen werden von Eugenides sehr eindrucksvoll geschildert). Dann wäre da noch Mitchell, Madeleines Ex-Freund, der immer noch in Madeleine verliebt ist. Mitchell ist im Vergleich zu Leonard unscheinbar, auch sehr begabt, sensibel und spirituell auf der Suche. Er geht, wie der Autor selbst, nach Indien und arbeitet in der Schwesternschaft von Mutter Teresa.
Das mehr oder weniger geglückte Experiment eines Ausnahmeschriftstellers
Eugenides experimentiert in „Die Liebeshandlung“ zum ersten Mal mit dem klassischen Erzähler aus der dritten Person, wobei er den Leser konstant in die Psychologie der drei Charaktere versetzen kann. Man folgt den drei Charakteren gerne, denn man hat das Gefühl ihr Handeln sei in sich stimmig und nachvollziehbar. Auch die Themen, die neben der Liebe angeschnitten werden, Religionen, Philosophie, Literaturwissenschaft, religiöser oder spiritueller Sinnsuche oder dem Krankheitsbild der manischen Depression, baut Eugenides stimmig mit ein.
Insgesamt ist „Die Liebeshandlung“ nicht mit dem herausragenden Werk „Middlesex“ vergleichbar, doch sie ist trotz allem kein schlechter Nachfolger.
Jeffrey Eugenides (2011): Die Liebeshandlung. Roman. Aus dem Englischen von Uli Aumüller und Grete Osterwald. Rowohlt Verlag, Reinbek.
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