Ja, es gibt ihn noch… J.D. Salinger, einer der bekanntesten US-amerikanischen Schriftsteller, ist nun mal wieder an das Licht der Öffentlichkeit gekrochen. Manche hielten den Kultautor bereits für tot, aber er hat sich nur komplett vom medialen Trubel, was ich ihm nicht verdenken kann, zurückgezogen und sein Leben in einem kleinen Kaff an der Atlantikküste verbracht.
Was treibt also den inzwischen 90-Jährigen wieder dazu sich einem neuen möglichen Hype auszusetzen? In diesem Fall sorgt er sich wohl um eine seiner berühmtesten Figuren überhaupt: Holden Caulfield aus „Der Fänger im Roggen„. Es ist eins der meist gelesensten Bücher des 20. Jahrhunderts.
Salingers Roman aus dem Jahr 1951 handelt von drei Tagen im Leben des 16-jährigen Anti-Helden Holden Caulfield. Dieser hat Angst vor dem Erwachsenwerden. Er stellt sich gegen alle Konventionen, fliegt von der Schule, will ausbrechen, auswandern, träumt von einem neuen Leben. Ein Buch, das ganze Generationen bewegt hat.
Nun, über ein halbes Jahrhundert später, kommt ein anderer Autor und möchte sich einer Art Fortsetzung annehmen. Die Medien stehen Spalier, wettern. Man kann gerade in Zeiten der endlosen Fortsetzungen alter oder klassischer Stoffe eine Ablehnung gegenüber dem neuen Buch verstehen.
Jedoch bemüht sich der Autor der sogenannten Fortsetzung mit dem Titel „60 Years Later, Coming through the Rye“ sichtlich etwas Neues aus dem Stoff zu machen: Der inzwischen 76-jährige Herr C. (Caulfield) ist aus dem Altersheim abgehauen und läuft nun durch New York und lässt seine Gedanken mitwandern.
Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich die Idee und die Art und Weise, wie der „neue“ Autor mit dem Stoff umgeht, eigentlich ziemlich originell finde. Und mal ganz ehrlich, wenn es gut gemacht ist und literarisch anspruchsvoll ist, können aus alten Figuren neue entstehen. Das ist in der Literatur eigentlich gang und gäbe: von Dr Faustus bis hin zu Dracula.
Nun gut, so manch einer mag das neue Buch auch für einen gekonnten Scherz, gekonnte PR oder eben für beides halten. Denn der Autor nennt sich selbst John David (J.D.) California! Als Geburtstag gibt er den 1.April 1976 an und sein Verlag heißt Windupbird Publishing… („wind up“ heißt soviel wie „veräppeln“) Alles purer Zufall? 😉
Und gerade in diesem Kontext kann ich auch wiederum Salinger verstehen, der nun gegen die Fortsetzung gerichtliche Schritte eingeleitet hat. Holden Caulfield ist nun einmal seine Figur und irgendwann will man auch mal Ruhe haben.
Wir anderen sollten das Werk erst einmal abwarten, bevor wir urteilen. Denn, wenn es literarisch gut gemacht ist, könnte das ganze durchaus spannend werden. Oder wer hat sich nicht schon einmal gefragt, wie es mit Holden Caulfield weitergegangen ist? Die Gedanken sind frei…Was meint ihr?