„Frühlings Erwachen“ von Frank Wedekind ist ein Drama, das zu den meist aufgeführten Stücken der deutschen Theatergeschichte zählt. Es berichtet von den Irrwegen des Erwachsenwerdens und dem schwierigen Aufeinandertreffen von sexueller Neugier und gesellschaftlichen Konventionen.
„Frühlings Erwachen“ erschien erstmals 1891, seine Uraufführung auf der Theaterbühne feierte das Stück von Frank Wedekind aber erst 1906. Die Geschichte trägt den Untertitel „Eine Kindertragödie“ und erzählt vom Erwachsenwerden einer Gruppe Jugendlicher, die sich mit den Schwierigkeiten der Pubertät und ersten aufkeimenden Gefühlen in einer Welt, die ihnen jede Neugier sofort austreiben möchte, herumplagen. Die hierin enthaltene Kritik an der Gesellschaft und ihrer Moral machte es schwierig, einen Verlag für die Publikation zu gewinnen, und Wedekind veröffentlichte das Buch schließlich auf eigene Kosten.
„Frühlings Erwachen“ von Frank Wedekind
Melchior ist ein intelligenter Schüler, der dank der liberalen Erziehung seiner Mutter bereits sehr viel über die Geheimnisse des menschlichen Beisammenseins weiß. Er will sein Wissen mit Moritz teilen, der sich neben der Sorge um seine Versetzung nun auch noch mit den Wirren der aufkeimenden Pubertät mit herumschlagen muss. Eine von Melchior geschriebene Abhandlung zur Sexualität soll Abhilfe schaffen, doch Moritz wird von seinen Schulproblemen und dem Erwartungsdruck der Erwachsenen immer tiefer in düstere Gedanken getrieben und begeht schließlich Selbstmord. Jedoch ist es das Schreiben von Melchior, das in einer eiligst zusammengerufenen Konferenz als Grund für den Suizid angeprangert wird.
Unterdessen gerät Wendla in Streit mit ihrer konservativen Mutter. Das Mädchen möchte von ihrer Mutter aufgeklärt werden, doch diese flüchtet sich nur in wage Ausreden und lässt ihre Tochter weiterhin im Dunkeln. Im Heuboden erprobt Wendla schließlich mit Melchior die Praxis dessen, was ihr in der Theorie vorenthalten wurde. Als sie schwanger wird, veranlasst ihre Mutter heimlich eine Abtreibung. Immer tiefer verstricken sich die Erwachsenen in ein Netz aus Lügen und Vertuschungen, während ihre Kinder an dem konservativen Denken, der strengen Moral und dem Fehlen adäquater Aufklärung zugrunde gehen…
Frank Wedekind: „Frühlings Erwachen“ als Gesellschaftskritik
Einige Figuren und Handlungselemente der Geschichte sind an eigene Erfahrungen Wedekinds angelehnt, sodass man beim Lesen auf gewisse Weise eine Reise in das Seelenleben des Autors unternimmt. Doch in ihrer Bedeutung ist die Erzählung sehr viel allgemeiner und wird zur universellen Kritik an veralteten Konventionen, Prüderie und geheuchelter Moral. Trotzdem findet sich immer wieder ein gewisser Humor als durchgehendes Stilmittel in dem Werk, das mit einer so düsteren Geschichte daherkommt. Gerade dadurch kommt die absurde Natur der Geschehnisse erst so richtig zur Geltung, und die Tragödie wird zur lehrreichen Satire.
Zwar sind die Bemühungen um sexuelle Aufklärung heute sehr viel fortgeschrittener und unsere Gesellschaft zeigt sich insgesamt ungleich offener und toleranter. Dennoch ist das Thema jugendlicher Sexualität in vielen Familien noch ein Tabu, und es steht weiterhin eine imaginäre Mauer zwischen vielen Eltern und ihren Kindern, die das offene Gespräch verhindert. Damit ist Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ noch immer aktuell und in der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Konventionen weiterhin gefragt. Unbedingt lesen!
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