Lange wurde bereits im Vorfeld über die Biographie des umstrittenen Rappers Bushido diskutiert. Viele regen sich über die Texte auf oder, dass er kein Vorbild für die Jugend sei, etc. Was mich aber am meisten nervt, ist nicht seine Musik oder seine Machosprüche, sondern er ist einfach eine weitere Figur in einem erschreckenden Gesellschaftstrend…
Einerseits symbolisiert er das, was wohl einige so toll, als „Prekariat“ betitelt haben, und daher ist es verständlich, dass seine Musik sich auch so gut verkauft. Er beschäftigt sich mit Themen, die viele Jugendliche, und es werden immer mehr, nur zu gut kennen. Sie kommen aus schon fast ghettoartigen Wohnsiedlungen, in denen Gewalt, Drogen und das Recht des Stärkeren an der Tagesordnung ist. Und aufgrund unseres wirklich tollen Systems hat niemand wirklich eine Chance daraus auszubrechen. Klar, dass die wenigen, die das schaffen dann große Helden sind.
Doch ist es einfach traurig zu sehen, dass dies nun als verkaufsförderndes Image vor sich her getragen wird. Gerade die wenigen, die den „Ausstieg“ geschafft haben, müssten doch eigentlich ganz klar einen besseren Weg aufzeigen. Und dieser kann nicht nur aus Geld bestehen…
Das bringt mich schon zum nächsten Punkt, denn der liebe Herr Bushido ist für mich nur eine weitere Figur in einem traurigen Abwärtstrend. Er ist der Dieter Bohlen oder Oliver Kahn der Unterschicht. Diese Leute formen momentan ein Gesellschaftsbild, das nur noch aus Leistung und Geldverdienen besteht, und das mit allen Mitteln. Wer einfach ein ruhiges und gutes Leben führen will oder sich seine Ziele im Leben anders steckt, der hat in diesem System keinen Platz mehr. Sie werden als Versager, oder wie Bushido es nennt „Opfer“, hingestellt. So reibt sich jeder auf dem Markt des Konsums auf und schwelgt in falschen Hoffnungen und Träumen und wird immer unglücklicher… Und damit meine ich nicht, dass man nicht an sich arbeiten soll, sondern dass man sich auch auf anderen Gebieten verbessern kann. Der Mensch besteht nicht nur aus Geld und Leistung!
Und genau dieses sehr verzerrte Bild von einer Leistungselite predigt die „Bushido Biografie„. Es wurde ja viel darüber geredet: Seine schwierige Beziehung zu seinem Vater, seine Drogen- und Bordellerfahrungen. Hat er nun was mit der Mafia zu tun? etc. Doch im Grunde sin dies doch nur alles Kinkerlitzchen… Gut, wenn das alles stimmt, hat er viel durchgemacht. Ein bisschen zuviel, wenn ihr mich fragt… 😉
Aber im Grunde sind dies, bis auf ein paar übertriebene Geschichten, Teile eines Lebens, mit dem sich heute leider viele Kids auseinandersetzen müssen: Gewalt in der Familie, Drogen, die ersten kleinkriminellen Erfahrungen, etc. Und genau darin liegt wohl Bushidos Verkaufsgenie. Er nimmt Dinge, mit denen sich viele identifizieren können und stlisiert diese zu einer Art comichaftem Heldentum hoch. Der Supergangster…
Wie schon gesagt, die „Bushido Biografie“ ist einfach ein weiterer Teil der Abwärtsbewegung unserer Gesellschaft, in Verrohung, mangelnde Toleranz, Ellenbogen-Denken und kommerzieller Ausschlachtung. Schöne neue Welt!
holly
14. Oktober 2008 at 17:20
Was ich nicht verstehe, ist, dass man sich so kritiklos an der Meckerei über Rapper wie Bushido und Sido beteiligt, sich auf das stürzt, was sie so negativ darstellen lässt, aber völlig ignoriert, dass sie nicht _nur_ so sind.
Bushido zum Beispiel betonte oft genug, dass sein Lebenswerk weder vorbildhaft noch richtig wäre und hat sich innerhalb der Jugend, die zur Risikogruppe gehörte, dafür ausgesprochen, sein Leben nicht auf so eine Art wegzuwerfen.
Mal abgesehen davon, dass das überzeichnete „Bösewichtimage“ eben das ist, was es ist: Überzeichnet, und zwar mit Absicht.