Kilt-tragende, geizige, wilde, rothaarige Berge an Männern und Frauen, so stellen wir uns die Schotten vor, die seit neustem außerdem alles frittieren, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Aber sind sie wirklich die Fabelwesen, die wir uns vorstellen?
Scotophobia nennt man die Angst, Abneigung oder Aggression gegenüber Schotten, alleine, dass es einen Namen dafür gibt, ist schon traurig genug, denn wie in vielen Fällen rühren die Vorurteile eher aus Zeiten, als Feindschaften zwischen den Ländern zu satirischen und stark überzogenen, wenn nicht gar ausgedachten Geschichten führten, über Männer, die das Blut ihrer Opfer tranken und nur einfache Waffen über rohen Kostümen mit sich trugen.
Die wilden Schotten sind wilde Hirngespinste
Den Dichtern der Antike darf man dafür tadelnd auf die Hände klopfen, denn Ptolemy schaffte es mit seinem „Kingdom of the Scots“, ein rein fiktives Lügenmär, diese Ideen zu verbreiten, diese kamen den Engländern sehr gelegen, als Schottland sich mit deren Feinden, den Franzosen, verbündete.
Besucht wurde das wilde Land selten von englischen Autoren, da man davon ausging, dass die Geschichten schon wahr sein müssten, man daher keine empirischen Beweise brauchte, um seine Vorurteile weiter zu schüren.
Interessanterweise würden viele der damals weiter gereichten Stereotype auch dreist kopiert und auf die Iren umgeschrieben werden, so groß ist Großbritannien zwar nicht, aber anscheinend reisten die Dichter und Denker ungern über die Grenzen hinweg, um etwas über ihre Nachbarn zu erfahren.
Im 17. Jahrhundert fing man an, die Schotten auf wilde Ureinwohner zurück zu führen, ein Versuch an „Geschichtsschreibung“, der so weit ging, dass man von Kannibalen flüsterte, Verbindungen zu den Goten und Skythen halfen dort nicht gerade.
Die beweislose Theorie über die wilden Schotten
Wie damals üblich, wurden solche Texte weiter kopiert und in Romane eingeführt, das „De Situ Britanniae“, ein fiktives Werk über die Briten, wurde im 18. Jahrhundert veröffentlicht und weitläufig gelesen und über ein Jahrhundert lang unangefochten für eine lebensnahe Beschreibung der Schotten genutzt. Die Attacotti, ein Stamm, der scheinbar zu allen Schandtaten fähig war und Ursprung der Schotten gewesen sein sollte, galten lange als historischer Beweis für die Wesensart der Schotten, selbst ohne historischen Beweis.
Später wurden diese Stereotype weiterhin als politisches Propaganda-Mittel genutzt, vor allem Gegner der Jakobiner nutzten den weitreichenden Kanon Anti-schottischer Literatur, um die Vorurteile weiter zu nähren.
Heutzutage gibt es leider wieder einen Rücklauf in alte Feindseligkeiten, durch das Antagonisieren der politischen Korrektheit fühlen sich viele in ihrem Recht der angeblich meinungsfreien Äußerung feindlicher Kommentare und Handlungen gegen Schotten bestätigt.
So albern es klingt, aber selbst Charaktere wie Willie aus den Simpsons und Mike Myers dicker Schotte aus „Austin Powers“ tragen dazu bei, dass keine realistische Alternative zu dem Kilt-tragenden Rotschopf in den Medien gezeigt wird, das einfache Klischee lässt sich schneller schreiben, als eine neue, moderne Identität.
Und die Fragen bleiben bestehen.
Trägt der Schotte immer Kilt?
Zuerst einmal, der Kilt wurde erst im 16. Jahrhundert verwendet und kommt aus dem Gälischen. Dort gab es ihn erst als Umhang. Der „walking kilt“, der um die Hüfte getragen wurde, wurde in der Tat von einem Engländer erfunden, der ihn für Highlander anfertigen ließ.
Natürlich gilt er mittlerweile als Tradition für jeden Schotten und auch bei der Hochzeit trägt der echte Schotte den Rock mit Klansmerkmal am Bund, doch wer immer noch denkt, sie wären darunter nackt, der irrt, denn mittlerweile ist die schottische „Tartans Authority“ strikt gegen dieses kindische und unhygienische Verhalten.
Man kann den Kilt also als Anzug der Schotten ansehen, wobei nicht jeder einen zuhause hat, sich viele also auch einen ausleihen, sollte eine vornehme Veranstaltung anstehen. Und so etwas wie Jeans und T-Shirt ist er lange nicht.
Haben alle Schotten rote Haare?
Tatsächlich werden rote Haare in nördlichen Gegenden öfter gefunden, weniger als 4% der Weltbevölkerung haben rote Haare, die meisten davon finden sich in dem UK, Irland und Schottland. Es gibt Studien, die das höchste Vorkommen natürlicher Rotschöpfe in Schottland notieren (13% der Bevölkerung, Irland hat vergleichsweise 10%).Bei ca. 5 Millionen Schotten ist das jedoch nicht ganz so viel, dass man ihnen durchgehend begegnet, wenn man das Land der Berge besucht.
Sind alle Schotten geizig?
Vielleicht liegt es daran, dass die Schotten für die Bank of England verantwortlich sind, denn immerhin war es Sir William Paterson, der Mervin King davon überzeugte.
Es gibt jedoch einige, die davon ausgehen, dass die Schotten (wieder einmal von den Engländern) als „geizig“ bezeichnet wurden, weil sie vielleicht die Idee zur Bank of England hatten, aber der Idee nicht ganz trauten und daher kaum bis selten Geld auf die Bank mitnahmen, sondern es lieber in greifbare Dinge investierten oder zu hause behielten. Eigen mag das sein, geizig sicher nicht.
Dass die Bank of Scotland später mit den Jakobinern unter einem Hut stecken sollte, half wahrscheinlich auch nicht, das Bild zu revidieren, bzw. konnte als ein weiterer Grund für die englische Hetze gezählt werden.
Der frittierte Marsriegel
Ja, es ist wahr, der erste frittierte Marsriegel soll in einem kleinen Fish’n Chips Shop bei Aberdeen entstanden sein, laut einer 2004 veröffentlichten Studie bieten 22% aller Shops diese fragwürdige Delikatesse an, allerdings erst seit einigen Jahren, denn der Medienhype hat sicher mehr mit der Verbreitung dieses Sargnagels zu tun, als die normale, schottische Nachfrage.
Die Käufer: 1/3 Kinder, 15% Jugendliche, dass die Rate an klinisch übergewichtigen Jugendlichen in Schottland wächst, ist also leider kein Vorurteil, aber vergleicht man das mit der allgemeinen „Verfettung“ der westlichen Länder, ist es wohl kein schottisches Alleinrecht.
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