Nach Jahren voller immer schlechter werdender Romane (ich lasse jetzt mal Themen wie Ghostwriting und Kommerz außer acht 😉 ) dürften eingefleischte Stephen King Fans an seinem neuesten Werk mit dem Titel „Wahn“ endlich mal wieder so richtig Freude haben.
Zu Beginn muss ich sagen, dass ich nie so King begeistert war. Bis auf ein paar wenige Kurzgeschichten sind mir die Geschichten meist zu klischeelastig. Die Horrormotive hat man fast alle schon mal gehört und sie überraschen einen auch nicht wirklich. Was Kings Stärke ist, dass er gekonnt Spannung erzeugen kann und ganze emotionale Gebäude errichten, die dann plötzlich und ohne Vorwarnung wieder einstürzen.
Und dies ist auch in seinem neuesten Buch der Fall: Der bisher erfolgreiche Bauunternehmer Edgar Freemantle verliert bei einem Unfall plötzlich einen seiner Arme und erleidet schwere Knochenbrüche und eine Kopfverletzung. Daraufhin wird er von unkontrollierbaren heftigen Wutanfällen heimgesucht. Als deswegen seine Ehe zerbricht, rät Freemantles Psychiater seinem total am Boden zerstörten Patienten auf die kleine Insel Duma Key vor der Küste Floridas zu fahren und sich seinen langgehegten Traum vom Malen zu erfüllen.
Die Insel gehört der 85-jährigen, an Alzheimer erkrankten, Elizabeth Eastlake. Schnell freundet sich Freemantle mit deren Pfleger Wireman an und er beginnt ein Bild nach dem anderen zu malen. Ja, das Malen überfällt ihn regelrecht und die rauschhaften Malattacken dauern dann schonmal die ganze Nacht über. Zudem muss er mit seinen Phantomschmerzen kämpfen. Doch trotzdem beginnt er sich nach und nach besser zu fühlen.
Doch auf einmal beginnen seine Bilder ein rätselhaftes Eigenleben zu entwickeln. Sie werden von selbst immer dämonischer und verwandeln sich in düstere Motive. Anscheinend versucht eine dunkle Macht auf Duma Key Freemantle zu benutzen.
Zusammen mit Wireman kommt er Stück für Stück hinter die unheimliche Familiengeschichte von Elizabeth. Doch Freemantle wird immer mehr von seinen Bildern in den Wahnsinn getrieben…
Wie schon gesagt, halte ich die Geschichten von Stephen King meist für zu sehr an den Haaren herbeigezogen und von anderen Figuren des Horrors abgekupfert. Dies ist auch bei „Wahn“ der Fall. Vor allem der Schluss ist leicht lachhaft… Aber einzelne Szenen sind durchaus gut beschrieben und man gruselt sich zeitweise doch ganz schön.
„Wahn“ ist definitiv besser als seine Vorgänger und Fans werden ein paar schlaflose Nächte vor sich haben. Für alle anderen ist es ein ganz netter Zeitvertreib. Den Medienhype hat das Buch wirklich nicht verdient.
Ariane
9. Juli 2008 at 17:36
Nach Jahren immer schlechter werdender Romane….?
Mir fällt grad alles aus dem Gesicht.
Sorry, aber die Reihe um den Dunklen Turm ist ja wohl alles andere als schlecht!!
Wenn man natürlich nicht zwischen den Zeilen zu lesen vermag, darf man sich auch nicht wundern 😉
Hier liegt die Erklärung wohl darin, dass ein grundsätzlicher King-Bezug beim Kritiker fehlt. Doch von Verkaufszahlen und Fanmeinungen ausgehend, kann man wohl kaum von schlechter werdenden Romanen sprechen!
Sämtliche Bände des „Dunklen Turms“ sind an philosophischer Tiefe kaum noch zu überbieten!
Die Kreise, die dort gezogen werden, die Tatsache, dass ALLE Figuren aus ALLEN seiner Bücher auftauchen, Hintergründe endlich erklärt werden und so alle seine Werke eine gemeinsame Basis bekommen, allein das ist eine unglaubliche Leistung, die meines Wissens ein Autor von seinem Format bis dato noch nicht erbringen konnte.
Ja ok, es ist kein reinrassiger Grusel (mehr), es wird nicht gesplattert und gemordet, sondern eher gesucht, gefunden, aufgelöst (mit etlichen Kollateralschäden, versteht sich), aber darum geht es doch wohl auch nicht. Auch ein Stephen King wird älter und weiser und sein Lebenswerk so abzustempeln ist schon bitter- zumal, wenn dieses offenkundig nicht selbst gelesen und/oder verstanden wurde.
Ghostwriting und Kommerz hab ich mal überlesen… sicherlich kann man King einiges nachsagen, aber Ghostwriting?!? Wenn eine Lektorin neuerdings als Ghostwriterin zählt, nun ja, dann vielleicht. Und Kommerz, also das muss man doch verstehen, der gute Mann kauft schließlich grad den kompletten Bundesstaat Maine, das kostet… 😀