Der Ingeborg Bachmann Preis 2008 in Klagenfurt

Dieses Wochenende war es wieder soweit. Wie jedes Jahr, seit seiner Gründung 1977, traten Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im Wettstreit um den mit 25.000 Euro dotierten Ingeborg Bachmann Preis in Klagenfurt an.

Er ist einer der wichtigsten deutschsprachigen Literaturpreise (auch „Tage der deutschsprachige Literatur“ genannt) überhaupt und nach der in Klagenfurt geborenen Schriftstellerin Ingeborg Bachmann benannt. Wie in den letzten Jahren übertrug 3sat die Lesungen rund um die Veranstaltung, die jedoch aus Modernisierungsgründen auf zwei Tage zusammengekürzt wurde. Es traten auch nicht mehr 17, sondern nur 14 Autoren an. Was zudem auffällt, ist, dass in früheren Jahren auch noch totalen Anfängern eine Chance gegeben wurde. Heute müssen sie schon ein paar Texte veröffentlicht und ein paar Lesungen bestritten haben.

Was dieses Jahr geboten wurde, zeigt deutlich die einschlafende Tendenz der deutschen „höheren Literatur“ auf. Die Texte mäanderten so vor sich hin, meist waren es Familiengeschichten. Den Stil der meisten Autoren hat man schon tausendmal vorher gehört und ist beliebig kopierbar. Sie sind ja ganz nett. Aber erwartet man nicht von einem so hoch dotierten Preis etwas Anspruchsvolleres, Mutigeres? Wo sind die aufrührerischen Schriftsteller hin, die die Gesellschaft verändern, die ihr oder den Menschen allgemein einen Spiegel vorhalten oder ihre Seele ausdrücken wollten?

Wahrscheinlich untergegangen im Gedankenwust überheblicher Kritiker, die sich ihre ganz eigene elitäre welt bauen und von einer Realität oder von den Menschen soweit entfernt sind, dass es überhaupt ein Wunder ist, dass sie noch nicht in ihrem Brei aus nichtige Interpretationen und hochmütigen Deutungen erstickt sind.

Den Preis gewann dann schließlich der in Berlin lebende 33-jährige Autor Tilmann Rammstedt, der wenigstens ein wenig Humor zwischen die erwürdigen Juroren warf. Und so bekam er zusätzlich noch den mit 6.000 Euro dotierten Zuschauerpreis. Der Auszug aus seinem noch unveröffentlichten Roman „Der Kaiser von China“ handelt von einem Enkel, der mit seinem fast allmächtig erscheinenden Großvater nach China reisen will oder besser soll. Doch der Großvater stirbt vorher. Der Text ist leicht, lustig und ein wenig nachdenklich. Nett eben…

Man kann nur hoffen, dass sich die anspruchsvollere Literatur irgendwann aus ihrem elitären Korsett wieder befreien kann und sich erneut mutiger und experimentierfreudiger der Welt zuwendet. Falls der Kommerz das erlaubt… Der Bachmann Preis wäre sicherlich ein Ort dafür.

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