Ich lese ja eigentlich ganz gerne Mystery-Thriller, aber mittlerweile geht mir dieser kommerzille Hype wirklich auf die Nerven. Jede kleinste historische Tatsache, die bei drei nicht auf den Bäumen ist, wird in Romanform gepresst und zu einer Pseudoverschwörungstheorie gewaltsam zusammengedröselt.
So auch bei „Der 77. Grad“ von Bill Napier, dem man eigentlich als Professor für Astronomie ein wenig mehr Verständnis zutrauen könnte. Aber Pustekuchen…
Die Geschichte ist schnell erzählt, da man das Grundgerüst schon tausendmal so gelesen hat: Mann entschlüsselt geheime Botschaft, entdeckt etwas Sensationelles, wird verfolgt.
Also, gut 🙂 : Der Buchhändler Harry Blake (schon der Name ist einfallsreich!) erhält von einem reichen englischen Lord (!) den Auftrag ein 400 Jahre altes Manuskript aus seinem Familienbesitz zu entschlüsseln. Und schon passiert ein Mord und andere Leute bieten ihm horende Summen für das Manuskript.
Blake lehnt aber ab und beginnt das Werk zu entschlüsseln. Es handelt sich um das Tagebuch des Schiffsjungen Ogilvie, der an einer Expedition von Sir Walter Raleigh zum 77. Grad, dem sogenannten „Längengrad Gottes“, teilnimmt.
Schnell merkt Blake, dass es sich bei dem Manuskript um mehr als nur ein Tagebuch handelt. In ihm ist ein dunkles Geheimnis verborgen. Wird es Blake und seinen Mitstreitern gelingen das Geheimnis zu entschlüsseln? Wer sind die mysteriösen und gewalttätigen Verfolger?
Und die Antworten sind ebenso einfallslos wie offensichtlich. Auch die Charaktere sind absolut hölzern, ohne jegliches Einfühlungsvermögen gezeichnet und dermaßen klischeebehaftet dargestellt, dass einem schon allein dadurch jeglicher Lesespaß vergeht. Je länger das Buch wird, desto konstruierter wirkt zudem die Geschichte.
Ein wunderbares Beispiel dafür, wie Autoren schnelles Geld mit dem gegenwärtigen Trend verdienen wollen, aber dabei Recherche, Spannung und vielschichtige Figuren auf der Strecken lassen.
Dieses Buch würde ich keinem empfehlen, es sei denn er will einen Langeweiletod sterben oder eine Anleitung lesen zum Thema „Dinge, die ich beim Romanschreiben niemals tun sollte.“
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