Das Erstlingswerk „Das Albtraumreich des Edward Moon“ des britischen Kolumnisten Jonathan Barnes ist gleich auf Anhieb ein voller Erfolg. Ich muss ja sagen, bevor ich das Buch gelesen habe, dachte ich es wäre nur ein weiterer Terry-Pratchett-Verschnitt, der noch mal schnell auf den Fantasyzug aufspringen will. Ich wollt es schon wieder weglegen. Doch zum Glück hab ich es nicht getan.
Bereits der erste Absatz löst alle Vorurteile in Luft auf: “Seien Sie gewarnt. Dieses Buch besitzt keinen wie auch immer gearteten literarischen Wert. Es ist ein grässliches, gewundenes, zweifelhaftes Konvolut von Unsinnigkeiten, bevölkert von wenig überzeugenden Charakteren, geschrieben in trockener, öder Prosa, der öfteren lächerlich und gewollt bizarr. Es ist wohl überflüssig, hier anzumerken, dass Sie keiner Zeile Glauben schenken werden.”
Und genau dieser Stil macht „Das Albtraumreich des Edward Moon“ zu einem Lesevergnügen der besonderen Art. Es ist eine Mischung aus Fantasy, Horror und Krimi durchzogen mit dem typischen britischen, schwarzen Humor.
Das viktorianische London um 1900: Der Zauberer Edward Moon ist schon lange von seinem Job auf der Bühne gelangweilt und löst mit seinen immerhin fast 60 Jahren lieber Kriminalfälle. Eines Tages werden er und sein Assistent, ein zwei Meter großer schlafwandelnder Riese, zur Aufklärung einer Mordserie gerufen. (Allein schon die Morde könnten skurriler nicht sein… )
Immer mehr ziehen die Ermittlungen die beiden in die Unterwelt Londons, zu Fliegenmenschen, Hellsehern und Geheimbünden. Nicht nur sein Schicksal, sondern das der ganzen Welt steht schließlich auf dem Spiel…
“Das Albtraumreich des Edward Moon” ist absolut kultverdächtig und wird bestimmt einige Fans nach sich ziehen. In dem Buch ist dem Autor eine exzellenze Mischung verschiedener Stile gelungen, die er gekonnt zu etwas Neuem zusammengefügt hat: Die dandyhafte und schnippische Sprache eines Oscar Wilde, der Humor von Monty Python und die detektivische Raffinesse eines Sir Arthur Conan Doyle kommen hier zusammen. Von der Stimmung her, erinnert es zudem ein bisschen an Edgar Allen Poe.
Das Buch ist manchmal kurios, mal gruselig, dann wieder spannend oder poetisch. Es ist die einzigartige Mischung, die es so besonders macht. Noch nie habe ich etwas wie dies gelesen. Jonathan Barnes hat seinen absolut eigenen Stil gefunden und dies ist heutzutage sehr selten…
Zum Ende flaut es zwar etwas ab, aber das tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch.
Solche Bücher geben einem die Hoffnung in den Literaturbetrieb und die Kreativität wieder. Ein absolutes Muss für jeden, der noch auf gute Literatur steht! Den Namen Jonathan Barnes muss man sich unbedingt merken.
Ach ja, im Februar ist übrigens Barnes zweites Buch “The Domino Men” in England erschienen. Man kann also auf die deutsche Fassung gespannt sein.