Als Christian Krachts Roman „Faserland“ erschien, schrieb man ihn noch als vorrübergehendes Phänomen der neuen deutschen Popliteratur ohne wirkliche literarische Qualitäten ab. Mit seiner Aussteigergeschichte „Imperium“ überzeugt Kracht von seiner Qualität als Schriftsteller
Dass Christian Kracht durchaus nicht nur einiges an Potenzial, sondern auch Talent und Können besitzt, hat er in seinen Nachfolgewerken eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Wir erleben hier eine eindrucksvolle Erzählkunst, die nüchtern und ohne Klischee und Pathos die Zeitgeschichte aufgreift und zu einem Roman verarbeitet.
Christian Krachts schafft es auch, sich gekonnt in den literarischen Genres zu bewegen und diese miteinander zu vereinen.
Die Geschichte eines Aussteigers
Die Geschichte, basierend auf der Biografie einer realen Person: August Engelhardt aus Nürnberg reist Anfang des 20. Jahrhunderts in die damalige Kolonie Deutsch-Neuguinea, um auf einer Kokosplantage ein Aussteigerleben zu führen und sich ausschließlich von Kokosnüssen zu ernähren.
Doch der Traum von einer neu geschaffenen Welt erfüllt sich nicht. Zerstörte Hoffnungen und Ideale begleiten den Helden und deuten den Weg in die großen Katastrophen des frühen 20. Jahrhunderts.
Einem Aspekt kann man sofort unumwunden zustimmen. Kracht hat nicht nur einen außergewöhnlichen historischen Roman geschrieben, sondern auch das Genre des Abenteuerromans wieder aus der Versenkung geholt, in die er im Lauf des letzten Jahrhunderts verschwunden ist.
Sein Roman ist angereichert mit den Erwartungen an ein neues Zeitalter, das so grausame Dinge wie die beiden Weltkriege bereithielt. Einige Interpreten sehen in der Figur des August Engelhardt eine Art Persiflage auf Adolf Hitler und dessen Traum von einem germanischen Imperium.
Der Traum vom Imperium
„Imperium“ von Christian Kracht wurde seit Erscheinen heiß diskutiert, unter anderem auf der Leipziger Buchmesse. Bisher ist die Kritik dazu zwiegespalten, wenn auch größtenteils positiv ausgefallen und „Imperium“ wird als Krachts bisher bestes Buch bejubelt.
Negative Kritik gab es allerdings auch. Der Rezensent Georg Diez wollte im Roman die Verherrlichung rechten Gedankenguts ausgemacht haben und löste damit eine kontroverse Debatte aus. In einem offenen Brief an die Chefredaktion des Spiegel kritisierten einige Autoren Diez‘ Rezeptionshaltung und sprachen sich wie folgt aus: „Wenn diese Art des Literaturjournalismus Schule machen würde, wäre dies das Ende jeder literarischen Phantasie, von Fiktion, Ironie und damit von freier Kunst.“
Fazit: Egal wie die persönliche Rezeption ausfällt – Kracht hat sich spätestens mit „Imperium“ zu einer festen Größe in der deutschen Gegenwartsliteratur etabliert und lässt einen mit gespannter Erwartung ausharren, was wohl in Zukunft von ihm zu lesen sein wird.
Werbung