Bestseller Kerkeling

Hape Kerkelings Pilgererfahrungen auf dem Jakobsweg haben den ersten Platz der Spiegel-Bestsellerliste seit ihrem Erscheinen im Mai 2006 nur für wenige Wochen räumen müssen – und anschließend immer gleich zurückerobert. Inzwischen ist das Buch – wohlgemerkt: immer noch im Hardcover – bereits in 2,7 Millionen Exemplaren über den Ladentisch gegangen. Damit hat Kerkeling, der pilgernde Komiker, das meistverkaufte Sachbuch in der Geschichte der Bundesrepublik verfasst, den Bestseller schlechthin.

Kerkeling, der „Buddhist mit christlichem Überbau“, ist weder besonders katholisch, noch entspricht seine Reise den asketischen Vorstellungen, die man von einer Pilgerreise haben mag – egal. Denn lesbar, flott geschrieben und humorvoll ist das Buch allemal. In kurzen Kapiteln beschreibt der Autor jeweils einen Tag; damit der Leser mitkommt, gibt’s am Ende immer ein kleines Fazit, das die vorangegangenen Erfahrungen in einen höheren Zusammenhang stellt. Manchmal übertreibt er es mit den Adjektiven, aber die scharf-ironische Beobachtungsgabe des Komikers macht den bisweilen blumigen Stil locker wett. Hier profitiert übrigens das Hörbuch: Kerkelings Stimmenimitationen machen die gelegentlich eingestreuten Dialoge zu den komischen Höhepunkten des Buchs.

An allzu tiefsinnigen Pilgererfahrungen lässt Kerkeling uns dann aber doch nicht teilhaben – ein kluger Schachzug seines Lektors womöglich, aus Rücksicht auf die Leser. Insofern ist das ganze Spektakel um die spirituelle Seite von „Ich bin dann mal weg“ völlig übertrieben – der Text ist eigentlich beliebig.

Wieso also verkauft sich Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ so gut?

Ganz einfach: In seiner weltanschaulichen Beliebigkeit passt es hervorragend in die Zeit einer Großen Koalition: Unspektakulär, angenehm, leise; ein bisschen wie Vollmilchschokolade oder Kindergottesdienste.

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