Die Gesellschaft, in der wir leben und aufwachsen, bestimmt unser Verhalten. Auch wie wir lügen, hängt von kultureller Prägung ab. Wie markant die Unterschiede sind, zeigt nun eine Studie: Demnach lügen Afrikaner und Asiaten anders als Europäer. Die Rechtsprechung könnte anhand der Ergebnisse ihre Prozesse verbessern.
Forscher testen sprachliche Veränderungen beim Lügen
Die Forscher von der Lancaster University beobachteten sprachliche Veränderungen beim Lügen. Dafür führten sie einen Test mit 320 Menschen in Großbritannien durch. 80 Prozent bezeichneten sich selbst als Briten, 20 Prozent gaben an, aus Afrika oder Asien eingewandert zu sein. Zwei Menschen derselben Ethnie sollten sich im Folgenden belügen. Für den Test baten die Forscher sie darum, ein wahres und ein erdachtes Erlebnis aufzuschreiben. Außerdem sollten sie sich zu einem Diskussionsthema eine fiktive Meinung ausdenken und diese dann neben ihrer wahren Meinung zu Papier bringen.
Warum das Wort „ich“ Lügner enttarnt
Die Texte unterliefen daraufhin einer breiten linguistischen Analyse. Das Ergebnis: Probanden aus Afrika oder Asien verwendeten beim Lügen verstärkt das Wort „ich“, während Menschen aus Europa es eher vermieden. Letzteres ist bereits aus anderen Studien bekannt. Wenn Lügner, dass Wort „ich“ vermeiden, wollen sie sich selbst von der Lüge distanzieren, nimmt man an. Die neuen Ergebnisse lassen die Forscher der Lancaster University nun vermuten, dass Afrikaner und Asiaten eher das Kollektiv vor der Lüge distanzieren und schützen wollen.
Diese Annahme würde dazu passen, dass afrikanische und asiatische Kulturen eher auf die Gemeinschaft ausgelegt sind, während Europäer eher nach Individualismus streben.
Das schlägt sich auch auf den Kontext beim Lügen aus, wie die Studie zeigte. So wählten Engländer eher allgemein gehaltene Geschehnisse und Geschichten. Die beiden anderen Gruppen erzählten sich vermehrt persönliche Erlebnisse, wenn sie logen.
Probanden logen bei Meinung auf ähnliche Art
Beide Effekte traten bei den Meinungen jedoch nicht auf. Hier war ein übergreifender Effekt zu beobachten: Alle Probanden drückten sich bei der fingierten Meinung übermäßig positiv aus. Menschen nehmen wohl an, mit diesem Verhalten andere eher überzeugen zu können.
Die Studie erschien im Fachmagazin „Royal Society Open Science“ und ist die erste kulturübergreifende Untersuchung. Bisherige Ergebnisse waren stets auf westliche Annahmen gestützt. Die neuen Erkenntnisse könnten auch der Rechtsprechung helfen, etwa dann, wenn es um die Beurteilung der Glaubwürdigkeit bei Aussagen geht.
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