Über mehrere Jahrtausende waren die weißen, edlen griechischen Statuen die leuchtenden Vorbilder in der bildenden Kunst, die dafür sorgten, dass Farbe eher naserümpfend betrachtet wurde, aber in Wahrheit sahen die Griechen bunter als jeder Regenbogen.
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Es erscheint beinahe amüsant, wie Künstler ihren antiken Vorbildern über tausende Jahre nacheiferten und ihre Kunstwerke in weißem Marmor hielten, kein Farbklecks sollte die Eleganz stören.
Tatsächlich war den Griechen nichts ferner als farblose Abbilder ihrer Götter, denn wie Vinzenz Brinkmann vermutete und nach und nach ans Tageslicht brachte, waren die originalen Statuen so bunt wie ein Regenbogen und selbst wenn es bereits im 17. Jahrhundert Beweise dafür gab, wenige Statuen, deren Farbe durch Wetter, Krieg und den Zahn der Zeit dennoch erhalten geblieben war, blieb der wissenschaftliche Konsens eins in der Meinung, die Griechen hätten ihre Kunst in Stein gehauen, ohne ihr Farbe zu verpassen.
Der fachliche Begriff für diese bunte Kunst ist „antike Polychromie“, die sich auch mit den Gebäuden der Antike, aber auch den Ägyptern, Sumerern, etc. beschäftigt.
Griechische Statuen erhalten Farbe
Doch die Statuen sind von besonderem Interesse, denn neben den herausragenden, bildhauerischen Fähigkeiten trugen die Statuen auch Farben, die Formen und Strukturen besser erkennbar machen sollten, seltene Steine sollten den Augen Leben verleihen, selbst Bronzestatuen wurden übermalt oder mit bunten Wachschichten versehen, um die Figuren so realistisch wie möglich erscheinen zu lassen.
Oftmals waren es nicht die Bildhauer, die den Kunstwerken den letzten Schliff verliehen, sondern extra dafür ausgebildete Maler, so wurde Praxiteles („Aphrodite von Knidos“) von Nikias unterstützt.
Und diese Kunst brachte nicht selten Opfer, denn neben relativ leicht zu kreierenden Farben wie Ocker (Ton und Quarz) musste man etwa Gelb und Orange aus äußerst giftigen Arsenverbindungen erstellen, die auf Dauer sicher nicht ganz ungefährlich waren.
Nachdem sich die Meinung, nur weiße Statuen seien wirkliche Kunst, durch gesetzt hatte, wurden Gegenbeweise grobschlächtig als primitive Vorformen der „eigentlichen“ Kunstwerke gesehen, dabei war es wohl eher umgekehrt, dass nur die größten Künstler sich auch leisten konnten, ihre Statuen bemalen zu lassen, denn Farbe und Farbherstellung war damals ein Luxus.
In den 60er Jahren wurden die ersten Untersuchungen mit ultraviolettem Licht gestartet, um die wahren Farben der Kunstwerke zu analysieren, um sie nachstellen zu können. Mit den Jahren konnten die Techniken zur Rekreation immer mehr verfeinert werden, Partikelreste von alten Farbstoffen konnten ermittelt werden und mit Infrarot-, Reflexion- und Fluoresenz-Techniken konnten Wissenschaftler alsbald die Originalbemalungen so gut nachstellen, dass die Wanderausstellung „Bunte Götter“ im Jahre 2003 einen beeindruckenden Eindruck über die Originale liefern konnte.
Es mag einem anfangs befremdlich, ja beinahe kitschig erscheinen, wie bunt die Statuen sind, die wir doch vorher nur weiß kennen gelernt haben. Aber nach und nach zeigen sie gerade dadurch die Feinarbeit, die in ihnen steckt, die Darstellung von Licht und Schatten in den Gewändern, um stoffliche Struktur zu verdeutlichen, die teilweise erschreckend lebendig wirkenden Augen und die reine Farbenpracht der Gewänder sorgen dafür, dass man ein völlig neues Griechenland entdeckt.