Das Tal der Tollense, heute in Mecklenburg-Vorpommern gelegen, war Schauplatz einer gigantischen Schlacht: Mehr als 4.000 Krieger schlugen sich hier um 1300 v. Chr. gegenseitig die Köpfe ein – im wahrsten Sinne. Das macht Tollense zum ältesten Schlachtfeld Mitteleuropas.
Vor rund 3.300 Jahren, also in der Bronzezeit, kam es zu der Schlacht. Von den rund 4.000 Kämpfern überlebte jeder Fünfte die Auseinandersetzung nicht – sie starben im Pfeilhagel oder durch Treffer von Schwertern, Keulen und Äxten. 1996 fand ein ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger nördlich von Altentreptow an der Mecklenburgischen Seenplatte den ersten menschlichen Knochen. Seit 2008 werden hier im und am Fluss Tollense systematische Ausgrabungen durchgeführt, die immer neue Funde zutage fördern.
Zwei organisierte Heeresverbände standen sich gegenüber
Bislang beläuft sich die Zahl auf etwa 12.000 Fragmente von Menschenknochen, außerdem Tausende von Tierknochen und Waffenteilen – Hieb-, Stich- und Schusswaffen. Einige der Knochen weisen Frakturen auf, die auf Stürze aus größerer Höhe oder von unten ausgeführte Angriffe hindeuten. Das liegt nahe, dass in der Tollense-Schlacht auch Krieger auf Reittieren beteiligt waren, eine These, die durch den Fund von Pferdeknochen untermauert wird. Kavallerie und Schwertkämpfer – für die Archäologen bedeutet dies, dass hier keine Bauern aufeinander eingedroschen haben, sondern sich zwei hierarchisch organisierte Kriegerverbände eine Schlacht lieferten.
Die Zahlen untermauern die Theorie: Archäologen gehen davon aus, dass zu dieser Zeit etwa vier Menschen auf einem Quadratkilometer lebten. Es hätten also schon Männer aus rund tausend Quadratkilometern Umkreis zusammenkommen müssen, um die Anzahl von 750 bis 800 toten Kriegern zu erreichen. Zudem lebten viele der Verletzten offenbar noch Tage oder sogar Wochen, bis sie ihren Wunden erlagen. Das deutet auf einen längeren Kampf an der Tollense hin. Beide Beobachtungen können am ehesten mit einer Auseinandersetzung von Heeren erklärt werden – und eben nicht mit einem Streit zwischen zwei Bauernparteien.
Kam eine der Armeen aus dem Süden?
Ungeklärt ist nach wie vor die Frage, wer hinter den Verbänden stand – ein Aufeinandertreffen zweier Armeen dieser Größe ist einmalig im Europa der Bronzezeit und schriftliche Aufzeichnungen sind nicht existent. Klar scheint aber, dass die Kontrahenten aus unterschiedlichen Regionen stammten.
Eine Isotopenanalyse von Knochen ergab, dass eine Gruppe von Schlachtteilnehmern Spuren eines Kohlenstoffisotops aufwies, das auf den Konsum von Hirse hinweist. Ein Getreide, das im Mecklenburg der damaligen Zeit noch nicht bekannt war. Alles deutet darauf hin, dass diese Gruppe Hirse anbaute, vermutlich stammten sie also aus dem Süden, vielleicht aus dem Gebiet der Voralpen.
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