Paul Austers Roman „Unsichtbar“ nimmt den Leser mit auf die Reise in eine Scheinwelt. Eine, die im Spannungsfeld steht zwischen Fiktion und Wirklichkeit und die eigene Wahrnehmung in Frage stellt.
Paul Auster, US-Amerikaner, Jahrgang 1947, arbeitet nunmehr seit Jahrzehnten als Schriftsteller. Sein Umgang mit der Zeitgeschichte, sein Hang zu tragischen Figuren und unerwarteten Wendungen sind zu seinen Erkennungsmerkmalen geworden. Einer der führenden amerikanischen Schriftsteller, der besonders in Deutschland und Frankreich beliebt ist.
Typisch Auster
Seine Figuren sind typisch. Menschen, die eher auf der Schattenseite des Lebens stehen – die nicht glauben, dass das Leben große Dinge oder Überraschungen für sie bereithält – und die im Verlauf der Handlung eines besseren belehrt werden, indem sie von einer unerwarteten Wendung in die nächste stolpern. Nicht selten erleben sie dabei das Abenteuer ihres Lebens.
Austers Romane sind stets mit Querverweisen versehen, alle seine Bücher sieht er als Teil eines großen Ganzen an. Auf den Höhepunkt getrieben hat er dies mit seinem Roman „Reisen im Skriptorium“, in dem es zu einer Begegnung mit dem Großteil seiner bisherigen Hauptfiguren, sowie mit seinem Alter Ego kommt. Doch nun zum Roman „Unsichtbar“:
Protagonist Adam Walker, Literaturstudent an der New Yorker Columbia Universität und Mitarbeiter der dortigen Studentenzeitung, erzählt zunächst aus seiner Familiengeschichte, besonders seiner engen Bindung an seine Schwester Gwyn.
Auf einer Party lernt er 1967 den Literatur-Dozenten Rudolf Born und dessen Freundin Margot kennen. Nach einem Gespräch lädt Born Adam zu einem Abendessen ein, bei dem er ihm vorschlägt, ihn bei der Gründung einer eigenen Literaturzeitschrift zu sponsern. Adam erliegt der Faszination Borns und dessen Freundin, mit der er während Borns längerer Reise eine leidenschaftliche Affäre beginnt. Doch was ihm zunächst wie der Einstieg in eine rosige Zukunft erscheint, entpuppt sich bald als Alptraum. Adam muss mit erleben, wie Born scheinbar einen Mord begeht…
Spiel mit der Wahrnehmung
Austers Roman ist in vier Teile gegliedert. Während im ersten Teil noch aus der Perspektive Walkers erzählt wird, übernimmt im zweiten Teil der Schriftsteller Jim Freeman das Wort. Dieser hat von Walker einen Brief erhalten, mit der Bitte um einen Besuch und die Beurteilung seines Romanmanuskriptes. Walker hat nach eigenen Angaben zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lange zu leben. Auch im dritten und vierten Teil führt Freeman das Wort.
In „Unsichtbar“ wird nicht nur achronologisch erzählt, es werden auch weitere Strukturen aufgebrochen, die für Verwirrung sorgen. Dies ist jedoch genau das, was den Reiz des Romans ausmacht. Fragen tauchen auf: Wer ist schuldig? Wer ist Autor? Wie ist das Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit? Nicht zuletzt das Zusammenspiel verschiedener Texttypen wie etwa Autobiografie und Tagebuch gibt immensen Interpretationsspielraum.
Auster spielt mit vielen seiner wiederkehrenden Motive und schafft es trotzdem eine einzigartige Faszination zu erzeugen.
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