Warum Schildkröten die besseren Lebensgefährten sind? Selbst wenn sie sich aufmachen, um uns zu verlassen, hat man doch bis zum Lebensende was von ihnen. – Wenn die Schildkröte auch noch Shakespeare liest und auf den Namen Winnifred hört, dann befinden wir uns mitten in der liebenswert chaotischen Welt von Audrey Flowers, der Romanheldin von Jessica Grant.
Audrey Flowers: Eine Frau stolpert ihren Weg
Die junge Autorin Jessica Grant trifft mit ihrem Romandebüt „Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers“ genau den Nerv der Generation, die mit Filmen wie „Die fabelhafte Welt der Amélie“ und „Pippi Langstrumpf“ groß geworden ist.
Mit ihrer treuen Schildkröte Winnifred lebt Audrey Flowers in ihrer eigenen Welt, voll von schrägen Typen, Weihnachtslichterketten und den kleinen magischen Momenten des Alltags.
Erwachsen werden würde sie ja gerne, leider bleibt dafür keine Zeit, wenn man den ganzen Tag darauf aufpassen muss, dass man nicht auf der Treppe stolpert oder von einem rasenden Christbaum überrollt wird.
Doch der Tod ihres Vaters zwingt die hoffnungslose Optimistin sich neben der Trauerbewältigung auch mit der Frage zu beschäftigen, wieso Onkel Thoby eigentlich bei ihnen zu Hause lebt und was Toff, ein Mann aus Cambridge, mit ihrer seltsamen Familie verbindet.
Das klingt jetzt alles irgendwie ein bisschen wirr und chaotisch? Willkommen in der Welt von Audrey Flowers.
Jessica Grants neue Romanheldin: Abartig optimistisch und zum Brüllen komisch
Bei Jessica Grants zweiten Buch handelt es sich sicherlich nicht um ein großes Stück kanonischer Weltliteratur, für seichte Unterhaltung ist es jedoch zu tiefsinnig. Zwischen der bunt-überdrehten Handlung finden sich immer wieder geistreiche Fragen und Wortspiele, die dem Leser im ersten Moment ein Schmunzeln entlocken, im nächsten aber doch zum Nachdenken anregen.
Die Story um Audrey Flowers und die Geheimnisse ihrer Familie scheinen erstmal trivial und humorig, doch rührt die Geschichte tiefer, als dass man sie bloß als oberflächliche Unterhaltungslektüre abtun könnte. Trotz des bewegenden Themas driftet Jessica Grant jedoch nie ins Sentimentale ab.
Zur Autorin sollte man noch sagen, dass sie mit ihrem ersten Buch, dem Geschichtenband „Making Light of Tragedy“ bereits zwei Literaturpreise einheimste und Mitglied der neufundländischen Schriftstellervereinigung Burning Rock Collective ist. Zur Zeit arbeitet sie bereits an einem zweiten Roman und ich wette, dass wir auch bald mit einer Verfilmung von „Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers“ rechnen können.
Die erstaunlichen Talente der Audrey Flowers von Jessica Grant
erscheint am 19. April 2010 im Manhattan Verlag auf Deutsch