„Faust, der Magier“ von Andreas Gößling – Mitten im Mittelalter

Jeder kennt ihn, jeder hat schon einmal von ihm gehört: Faust, eine der wohl meistzitiertesten und auch bekanntesten Figuren der Literaturgeschichte. Nicht zuletzt durch Goethe höchstpersönlich… Auch ich bin nach wie vor von dem Stoff begeistert und so musste ich mich natürlich gleich an „Faust, der Magier“ setzen.

Was uns Autor Andreas Gößling dort liefert sprengt alles bisher dagewesene. Er überrascht einen, geht man doch automatisch mit der anderen Erwartung an das Buch: Entweder ein Abklatsch des bisherigen Faust oder ein „zusammengewurschtelter“  möchtegern-historischer Roman. Doch das Buch haut einen sofort um und verstreut alle Vorurteile in die vier Windrichtungen. Ja, ich möchte fast behaupten, es sind ganz neue literarische Ansätze dabei.

Im kleinen Städtchen Maulbronn wird ein 17-jähriges Mädchen vom Teufel geschwängert, so sagen es jedenfalls die Bewohner. Das Mädchen bekommt Wahnvorstellungen und malt einen Engel nach dem anderen. Klar, dass ihr Sohn, der „Teufelsbastard“ Georg Johannes Faust, es in seinem Leben nicht leicht haben wird. Bis er sieben Jahre alt ist, lebt er zusammen mit seiner Mutter in einer kleinen Kammer, wo sie mehr wie Vieh gehalten werden.

Faust bringt sich selbst das Puppenspiel bei und unterhält so seine verzweifelte Mutter. Dann endlich kann er auf die Klosterschule, aber er versteht nicht, warum der Abt ihn im einen Moment fördert und dann im nächsten Moment niedermacht. Vielleicht weil der kleine Faust Fähigkeiten hat, die den Gesetzen der Kirche trotzen: Wenn er Kranke berührt, weiß er sofort woran sie leiden. Zudem ist er den Künsten der Alchimie nicht abgeneigt.

Um das Kloster zu retten und um Faust ein letztes Mal auf die Probe zu stellen, verlangt der Abt von ihm mit Hilfe der Alchimie Gold herzustellen…

„Faust, der Magier“ zieht einen tief hinein ins Mittelalter und dies nicht nur durch schnöde Beschreibungen, nein, Autor Andreas Gößling schreibt in weiten Teilen so als wäre das Buch direkt im 15. Jahrhundert geschrieben worden: Aberglaube, Mythen und die Doktrin der Kirche bestimmen die Gedanken der Menschen der damaligen Zeit und so werden Dinge wie Magie oder der Teufel kein einziges Mal im Buch bezweifelt oder gar aus moderner Sicht hinterfragt. Sie existieren einfach.

Die Sprache ist kunstvoll und teils sehr derb. Gößling hat den Menschen von damals „auf’s Maul geschaut“. Seine umfangreiche Recherche beweist er dann im Nachwort, das erklärt, was Fiktion ist und welche Tatsachen dem realen Faust entlehnt sind.

„Faust, der Magier“ ist ein besonderes Werk, das garantiert nicht für jedermann geeignet ist, denn man muss sich ganz auf die geniale Sprache einlassen und nicht davor zurückschrecken in die Welt des Mittelalters einzutauchen. Gößling ist seit langem mal wieder ein Schriftsteller, der diese Bezeichnung auch verdient hat! 

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