Peter Lovesey: „Abschied auf Englisch“ – Ein Krimi-Klassiker wiederbelebt

Zum Glück hat der Fischer Verlag seine „Crime Classics“ herausgebracht, denn sonst würde so mancher wirklich gute Krimi-Klassiker in den Regalen verstaubter Antiquariate in Vergessenheit geraten. In der neuen Ausgabe erwacht ein unterhaltsames und einfallsreiches Werk aus dem Jahre 1982 zu neuem Leben: „Abschied auf Englisch“ von Peter Lovesey.

Der englische Titel sagt hier wie so oft mehr: „The False Inspector Dew„. Wer sich ein wenig mit englischen Krimis oder der kriminologischen Geschichte des Landes befasst, kennt den Namen Dew vielleicht. Jedenfalls ist diese reale Person kein Unbekannter. 1910 stellte Inspector Dew einst den Mörder Dr. Crippen, der zusammen mit seiner Geliebten seine Frau  an Bord eines Schiffes ermordet hatte.

Diese reale Begebenheit nimmt sich der Autor Peter Lovesey als Vorbild für sein Buch „Abschied auf Englisch“ und spinnt darum eine fiktive Geschichte, die für die Leser unterhaltsamer nicht sein könnte.

Der Zahnarzt Walter Baranov ist extrem unglücklich in seiner Ehe. Seine Frau Lydia unterdrückt ihn, wo es nur geht, und scheiden lassen kann er sich auch nicht, da Lydia die mit dem Vermögen ist. Zudem schreiben wir das Jahr 1921 und für einen Mann wie Baranov würde eine Scheidung den totalen Ruin und Ehrverlust bedeuten.

Als er dann eine leidenschaftliche Affäre mit der Blumenverkäuferin Alma Webster beginnt, fassen die beiden einen grausamen Plan: Lydia muss sterben. Doch noch quälen Baranov Zweifel, denn er erinnert sich einst an den Fall des Dr. Crippen, der ebenfalls seine Frau umbrachte, sich schon in Freiheit wähnte und dann doch gehängt wurde.

Das Paar möchte es besser machen: Lydia plant eine Kreuzfahrt in die USA auf dem Luxusdampfer „Mauretania“. Walter und Alma wollen ihr an Bord folgen, sie dann auf dem offenen Meer ermorden und die Leiche einfach durch ein Bullauge entsorgen. Alma wird in Lydias Rolle schlüpfen, keiner auf der Passagierliste wird vermisst werden und die beiden können in den USA ein neues Leben beginnen.

Doch leichter gesagt als getan. Sie schaffen es zwar den ersten Teil ihres Plans in die Tat umzusetzen, doch dann wird eine zweite Frau an Bord des Schiffes ermordet. Baranov hat sich schlauerweise als Inspector Dew ausgegeben und der Kapitän erinnert sich an den legendären Fall des Dr. Crippen. Baranov der absolut keine Ahnung vom Ermitteln hat, soll nun den Mörder finden… Und das muss er schleunigst tun um seine und Almas Haut zu retten.

Allein schon diese Ausgangssituation unterscheidet „Abschied auf Englisch“ von den klassischen „Wer hat es getan?“-Krimis. Baranovs alias Dews Ermittlungsmethoden sind aufgrund seiner Unkenntnis ungewöhnlich. Zudem wird er dadurch auf dem Schiff zu einer Art Berühmtheit, von allen beäugt und kann sich allein schon deswegen in seiner falschen Identität keine Fehler erlauben.

Gut gelungen ist auch die teils ironische Verknüpfung mit dem wahren Fall des Inspector Dew, den Parallelen zu Dr. Crippen und der fiktiven Geschichte. Die ersten 100 Seiten werden für manche zu Beginn vielleicht etwas langweilig erscheinen, denn die Liebesgeschichte der beiden Protagonisten, Baranovs Situation und die Charaktere werden sehr genau beleuchtet. Doch dies ist wichtig um den weiteren Verlauf glaubhaft und verständlich zu machen.

Im zweiten Drittel ändert sich dann der Ton und die Geschichte kommt so richtig ins Rollen. Man fiebert mit und ist von den ironischen Anspielungen unterhalten. Hier und da legt der Autor ein paar Spuren, so dass man mit viel Geschick den Mörder zusammen mit Baranov bzw. dem falschen Dew finden kann.

Ein zurecht wieder ausgegrabener Klassiker, der einem für ein paar Stunden das Leben versüßt.

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