„Teufelskind“ von Natsuo Kirino – Unverschuldete Furie?

Natsuo Kirino – Das ist die Skandalautorin Japans. Sie hat es als erste Autorin gewagt, Frauen aus der vom Patriarchat geprägten Gesellschaft des Landes ausbrechen zu lassen und ihre Hauptfiguren blutig Rache an der verdrehten und brutalen Welt nehmen lassen. Doch genau diese Skandale haben ihren internationalen Erfolg ausgemacht.

Nun ist ihr mittlerweile sechszehnter Roman „Teufelskind“ auch hierzulande erschienen. Und auch in diesem Werk dreht es sich um eine Frau, die aufgrund der widrigen Lebensumstände zur Furie wird.

Die kleine Aiko Matsushima wächst in einem Bordell in Tokio auf. Schon von klein auf hat sie nicht gerade die Sonnenseite des Lebens gepachtet. Von allen wird sie nur als „nutzloser Dreck“ herumgeschupst. Ihren Vater kennt sie nicht und auch die Mutter ist schon lange fort. Das einzige, das Aiko von ihr geblieben ist, ist ein Paar weiße Schuhe, die sie hütet und zu denen sie eine fast engere Beziehung hat als zu irgendeinem Menschen. Denn Aiko hat auch keine Freunde oder weitere Verwandte.

Als das Bordell geschlossen werden muss, kommt sie in ein Waisenhaus. Und auch dort ist sie Außenseiter und wird von allen verachtet. Schon früh beginnt sie deshalb sich an gewissen Personen zu rächen oder legt Feuer.

Später schlägt sie sich als Prostituierte, Kellnerin oder Zimmermädchen mehr schlecht als recht durch. Sie kommt zu einer großen Hotelkette, wo plötzlich ein anonymes Fax auftaucht, das das Hotel vor einem Zimmermädchen warnt, dass gerne die Gäste bestiehlt, sie dann umbringt und die Zimmer in Brand setzt. Daraufhin hakt es bei Aiko erst so richtig aus: voller Hass und Rachegefühlen reist sie zu dem ehemaligen Bordell aus ihrer Kindheit um den Schreiber zu beseitigen. Dabei kommt sie nach und nach dem Geheimnis ihrer Mutter auf die Spur…

Das bewegende und spannende bei „Teufelskind“ ist aber nicht die Geschichte selbst oder die erschreckenden Mordszenen, sondern das minutiöse Psychogramm, das die Autorin Natsuo Kirino von ihrer Protagonistin entwirft. Sie will genau die Umstände fest machen, die jemanden zum Mörder werden lassen. Aiko ist in einer verhassten Welt aufgewachsen. Wie soll sie da auch zu einem guten Menschen werden?

Kirinos Buch ist durchzogen von Gesellschaftskritik: sie schreibt die Verhältnisse in Japan in Grund und Boden. Mit ausgesprochener Direktheit greift sie sowohl das immer noch von Männern dominierte System an, die dummen Frauen, die sich dem unterwerfen und auch den Turbokapitalismus. Die Kluft zwischen arm und reich ist extrem groß. Die Gegensätze werden direkt gegenübergestellt. Überall lockt das schnelle Geld, der Konsum oder Güter, die man noch meint zu brauchen. Doch wie soll jemand wie Aiko daran kommen? Sie stiehlt sie und rächt sich dann an den Besitzern. Aus purer Habgier beginnt sie zu morden und zerstört damit die Träger und auch die Symbole des menschenverachtende Kapitalismus.

Ein absolut lohnenswertes Buch für alle, die sich auf die japanische Kultur und deren Kritik einlassen können. Drastischer geht es fast nicht! Und hier und da kann man doch so manche Parallele zu unserer eigenen Gesellschaft ziehen…

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2 Kommentare

  1. Krimikiste » Archive » Folge 158 – Die Krimikiste stellt vor: Natsuo Kirino “Teufelskind”

    5. Februar 2009 at 09:30

    […] und auf ihrer Homepage. ++ Besprechungen bei der Krimilady, bei Watching the detectives, beim Büchervielfalt-Blog und bei der Krimi-Couch. ++ Eine Diskussion zum Buch hat sich bei der Büchereule entwickelt. ++ […]

  2. Folge 158 – Die Krimikiste stellt vor: Natsuo Kirino “Teufelskind” | Krimikiste – Der Krimi-Podcast mit Lese- und Hörtipps

    17. Januar 2010 at 12:52

    […] und auf ihrer Homepage. ++ Besprechungen bei der Krimilady, bei Watching the detectives, beim Büchervielfalt-Blog und bei der Krimi-Couch. ++ Eine Diskussion zum Buch hat sich bei der Büchereule entwickelt. […]

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