Selten hat mich ein Buch so beeindruckt wie die erschütternde und mitreißende Autobiographie „Schmetterling und Taucherglocke“ von Jean-Dominique Bauby.
Mit 44 Jahren erleidet der damalige Chefredakteur der „Elle“ einen Gehirnschlag und sein bisheriges Leben löst sich von einem Moment zum anderen in Luft auf. Er wacht im Krankenhaus auf und leidet von da an am sogenannten Locked-In-Syndrom (LIS). Er ist zwar bei vollem Bewusstsein, doch sein Körper ist vollständig gelähmt, bis auf sein linkes Auge.
Doch Bauby gibt nicht auf. Er lernt ein Spezialalphabet über alleiniges Blinzeln mit seinem linken Auge zu steuern und diktiert so der Lektorin Claude Mendibil seine bewegende Geschichte.
Als ich das Buch das erste Mal in den Händen hielt, war ich mir nicht sicher, ob ich es überhaupt lesen soll. Deprimiert es mich zu sehr? Will ich mir wirklich 150 Seiten „Gejammer“ eines Schwerkranken anhören, den ich gar nicht kenne?
Ja, ich gebe zu, diese Gedanken klingen sehr kalt und egoistisch, aber man weiß ja nie, was aus blanker Sensations- und Kommerzgier so publiziert wird.
Doch dieses Buch ist anders! Bauby erzählt seine Rückschau gar nicht wehleidig (, was man in dieser Situation ja auch verstehen könnte), sondern ehrlich, humorvoll, sehr sensibel und auch hoffnungsvoll.
Er versucht weder Mitleid zu erheischen, noch suhlt er sich in seinem Elend. Im Gegenteil, er versucht seine Wahrnehmung durch die Situation zu schärfen und reflektiert poetisch und voller Witz das Leben und seine Umwelt. Ob da nun eine Fliege quälend auf seiner Nase sitzt oder niemand gerade da ist um ihm seine Lieblingsbücher vorzulesen.
Als „Taucherglocke“ beschreibt er seinen Zustand die Welt zu sehen, doch manchmal gelingen ihm Ausflüge in die Fantasie, „Schmetterlinge“, wie er es nennt. Dort kann er dann alles machen, was er nur will und es gibt keine Grenzen und kein halten.
Kurz nach der Veröffentlichung seines Buches und vier Monate nach seinem Gehirnschlage stirbt Jean-Dominique Bauby und hinterlässt uns eine der zauberhaftesten, anrührensten und zugleich tragischsten Geschichten unserer Zeit.
Einer meiner Lieblingregisseure und Künstler Julian Schnabel hat „Schmetterling und Taucherglocke“ verfilmt. Der Film ist gerade in den Kinos angelaufen…
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