So langsam meint man doch alles über das Mittelalter zu wissen, sei es von diversen Abhandlungen, historischen Romanen oder Filmen, die einem mehr oder weniger realistisch die Welt vor 1000 Jahren vor Augen führen. Doch „Das Leben im Mittelalter“ von Robert Fossier ist anders.
Der mittlerweile über achtzigjährige Historiker Fossier hat hiermit nicht nur faszinierende und streibare Thesen aufgestellt, sondern wohl auch sein Lebenswerk geschaffen.
Robert Fossier, 1927 geboren, war Professor für mittelalterliche Geschichte an der Uni von Nancy und der Sorbonne (!) in Paris. Er hat schon unzählige Sachücher und Nachschlagewerke zum Thema Mittelalter veröffentlicht, aber „Das Leben im Mittelalter“ ist das wohl außergewöhnlichste.
Er zeigt uns hier das Leben des normalen Menschen zu jener Zeit und stellt so neue Erkenntnisse vor allem über den Alltag und die Aufteilung in die einzelnen Stände vor.
Es geht in diesem Buch um den Großteil der damaligen Bevölkerung, dem einfachen Volk, das keineswegs nur aus leibeigenen, ungebildeten Trotteln bestand, sondern vielmehr genau die gleichen Triebfedern und Ängst hatten wie wir heute. Da fast alle Quellen aus adliger Hand stammen, hatten wir laut Fossier bisher ein komplett einseitiges Bild von den Standesunterschieden.
Natürlich herrschte eine Diskrepanz zwischen Bauern und Adel, doch diese bestand vor allem in der Behausung und ein paar mehr Rechten. Allein schon der Speiseplan war fast identisch und unterschied sich lediglich in der Menge. In Abfallgruben von Reichen fanden Archäologen genau die selbe Nahrungszusammensetzung wie in denen der Armen.
Auch die Kleidung war im Grunde nicht sehr verschieden, vor allem Wolle und Leder, nur Seide war ein seltener Luxus des Adels. Und auch die Wasch- und Hygienegewohnheiten ähnelten sich. Die Menschen des Mittelalters waren zum Beispiel sauberer als die am Hofe Ludwigs XIV.
Dies sind nur ein paar der Thesen mit denen Robert Fossier teils alte Meinungen widerlegt und mit Klischees aufräumt.
Er führt uns vor Augen wie ähnlich sich doch die Menschen, trotz Jahrhunderten dazwischen, sind und dass man ältere Kulturen und deren Errungenschaften respektieren muss. Auch im Mittelalter herrschte Krieg und Verfolgung, es gab Krankheiten und Mneschen hielten sich an Dogmen und Geld fest. Was hat sich da am Menschen denn so groß verändert, außer die fortschreitende Technologisierung?
„Das Leben im Mittelalter“ ist für Robert Fossier gar nicht so düster.
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