Wir sind es von Künstlerbiographien ja eher gewöhnt, dass der entsprechende Star glorifiziert wird. Häufig verschwindet die Wahrheit hinter Lobeshymnen und dem obligatorischen „I love him!“ oder der Promi wird dermaßen in den Dreck gezogen, dass er wie der letzte Unmensch auf uns wirkt. So oder so geht die wahre Person verloren.
Bei dem Buch von Victor Bockris „Lou Reed – Eine Biographie“ ist das anders. Er versucht den Künstler als Menschen mit Fehlern und Schwächen, aber auch guten Seiten darzustellen. Man hat stets den Eindruck er meint es ehrlich. Zudem zeigt er Lou Reed nicht nur in irgendwelchen weltfremden Posen, sondern skizziert ihn wie einen „normalen“ Menschen.
Lou Reed, geboren 1942 in New York, wird Mitte der Sechziger mit der Gruppe Velvet Underground als anfänglicher Teil von Andy Warhol’s Factory bekannt. Die eher düsteren Texte lassen keinen Tabubruch aus und zeichnen sich durch ein hohes Maß an Poesie aus. Schon früh zeigt sich Reed’s Liebe zur Literatur, die er wohl wegen seiner Studienzeit entdeckte.
Seine Familie und sein Heranwachsen werden beleuchtet. Entgegen aller Behauptungen Reed’s, die wohl eher der Selbstinszenierung dienten, hatte er eine Familie, die trotz aller Tabubrüche versuchte zu ihm zu halten, auch wenn er es ihr nie einfach gemacht hat.
Man verfolgt Lou Reed durch alle bisherigen Stationen seiner Musikkarriere. Von der Zusammenarbeit mit David Bowie, in der das legendäre Kultalbum „Transformer“ entstand, über seine berühmt-berüchtigte Metal-Machine-Music-Phase bis hin zur kurzfristigen Wiedervereinigung mit seiner Hass-Liebe aus Velvet-Underground-Tagen John Cale. Man kann einem Künstler beim Reifen zusehen mit allen menschlichen Schwierigkeiten, die gerade bei einer psychisch labilen Person wie Lou Reed natürlich extremer ausfallen.
Wie schon erwähnt bleibt der Autor immer möglichst sachlich und versucht den Menschen hinter der Maske des Meisters der Selbstinszenierung darzustellen. Vielleicht gelingt ihm das deshalb so gut, weil Victor Bockris selbst das Leben der Factory von Andy Warhol jahrelang begleitet hat. Er war also eher ein Beobachter, als ein Bewunderer. Gute Vorraussetzungen für eine sachliche Beurteilung…
Für Lou-Reed-Fans und alle, die es noch werden wollen, ein gelungenes Buch.
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